Herrgottwiesgasse 58

Aus Baugeschichte

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47° 3' 13.25" N, 15° 25' 55.42" E


Herrenhaus Gottinger

Diese Adresse wird erstmals 1747 im Besitz eines P. Neuhold erwähnt. Um 1750 zeigt die "Weintazkarte" ein stattliches Haus mit dem Namen "Steindlfischer"; auch der Bildstock daneben ist abgebildet. 1755 grenzte das Haus noch an die „Fasanmauer“ des ehemaligen Lust- und Jagd-Schlosses Karlau, das ein Jahr später schon als Unterkunft für Kriegsgefangene und ab 1769 als Arbeitshaus genutzt wurde. 1786 scheint als Besitzer des Ensembles in der Herrgottwiesgasse Stephan Gottinger auf, damals Besitzer der Rösselmühle (Oeverseegasse 1). Aber auch die nicht weit entfernte „Göttinger-Mühle“ in der Puchstraße 17 bei der ehemaligen Tagger-Mühle) und die zweite "Majolika-Fabrik" in der Vinzenz-Muchitsch-Straße 10 hatten der Familie Gottinger gehört.

1853 war im Hof eine „Fuhrwesens-Quasikaserne“ eingemietet (Besitzer Th. Paul), die auch auf einem Stadtplan von 1843 gut zu sehen ist.

Wer aber war Stephan Gottinger? Das Verzeichnis der Bürger-Miliz führt Stefan Gottinger 1806 als Oberlieutenante der bürgerlichen Cavallerie und wohnhaft in der Karlau. Für die Grazer Geschichte errang Stephan Gottinger Bedeutung als einer jener Männer des Handelsstandes (und damit gleichzeitig des Grazer privilegierten Bürgerkorps), der 1809 durch die Vorlage der Ablösesumme den Glockenturm und die "Liesl" vor der Zerstörung retteten; wie andere beteiligte sich Gottinger mit 100 Gulden. Ob die Männer ihren Vorschuss je zurückbekommen haben, ist unklar, da ja die Grazer Akten um 1820 dazu vernichtet wurden.

Heute ist der einstige Herrenhof trotz der - in letzter Zeit leider oft zu beklagenden - "modernen" Fassadenvereinfachung noch immer ein stattlicher Gebäudekomplex, der das Bild der Herrgottwiesgasse stark mitprägt und auch im "DEHIO" Graz Erwähnung findet (u.a. auch die Fassade des Nebengebäudes aus dem 18. Jh).

(P. Laukhardt, nach: Pirchegger, Häuserbuch; DEHIO 1979; ÖKT 1984; Laukhardt, Graz 1809)

Kommentare

Im März 2016 wird der Entwurf eines Bebauungsplanes vorgelegt, der in dem Gebiet neue Einbauten und Umbauten ermöglichen soll. Davon wäre auch das Gottingersche Herrenhaus und seine Nebengebäude betroffen. In beinahe zynischer Weise wird am ehemaligen Ansitz das "größte städtebauliche Potential" gesehen, und auch eine Straßenverbreiterung angedeutet.

Durch einen Abriss würde man das Andenken an einen für die Grazer vorindustrielle Epoche wichtigen Mann, der auch an der Rettung des Glockenturms am Schloßberg finanziell beteiligte, zerstören. Darf das in einer Weltkulturerbe-Stadt wie Graz wirklich geschehen? Laukhardt (Diskussion) 20:38, 31. Mär. 2016 (CEST)

Der Landeskonservator teilte uns umgehend mit, dass dem Objekt Denkmalschutz nach 2007 nicht mehr zugestanden werden konnte, weil schon vorhergehende Sanierungen wenig rücksichtsvoll vorgenommen worden waren (siehe Fotos). Der südlich davon stehende Bildstock sei aber als denkmalwürdig zu erhalten. Einen Tag später finde ich noch eine interessante Abbildung auf der "Weintazkarte" von ca. 1750: das Anwesen hieß damals "Steindlfischer". Da der Bebauungsplan ja noch nicht definitiv den Abbruch bedeutet, appelliere ich nochmals an die Stadt Graz, den Hof als markantes Bild seiner Epoche zu erhalten; bei Gelegenheit wäre wieder an einen "Rückbau" zu denken. Laukhardt (Diskussion) 21:09, 7. Apr. 2016 (CEST) Bei der Informationsveranstaltung am 11.4.2016 hat die Stadtplanung zugesagt, sich die Situation noch einmal anzusehen; vom Besitzer der Liegenschaft wurde bekundet, dass in absehbarer Zeit keine Absicht zu einem Abbruch besteht. Somit ist derzeit keine Gefährdung gegeben. Wir freuen uns und danken dem verständnisvollen Eigentümer, dem die historische Bedeutung des Komplexes bewusst ist.

Laukhardt (Diskussion) 21:42, 11. Apr. 2016 (CEST)

Einzelnachweise

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